Fritz Pölking

EINS, ZWEI, DREI..

Oder: Wie KLM sich auf dem Amsterdamer Flughafen Schipohl alle Mühe gibt, 
die wertvollen Objektive und Kameras von Naturfotografen zu ruinieren.

1.

Normalerweise sitzt man im Flugzeug irgendwo, und nach der Landung, wenn die Anschnallzeichen erlöschen, steht man auf, greift sein Handgepäck aus einem Fach über sich, und steht dann in einer Reihe Mitmenschen, die alle darauf warten, das ganz weit vorne eine Tür geöffnet wird, und man endlich raus kann. Man sieht da - während man steht und wartet - eigentlich nur seinen Vordermann.

Nach einem Flug von Nairobi nach Amsterdam, der als Flug KL-566 am Samstag den 14. Juni gegen 6.15 am Morgen landete, war es etwas anders als üblich. Ich hatte den letzten Platz in der letzten Reihe (Reihe 41) bekommen und saß am Fenster. Hatte also keine Chance diesen Platz zu verlassen, bevor sich nicht die ‚Masse Mensch‘ im Gang ìn Richtung Ausgang bewegte.

Es dauerte mal wieder endlos, bis vorne die Tür des Flugzeuges geöffnet wurde. Ich habe nach Landungen oft das Gefühl, das man im Flughafen völlig überrascht ist, dass da eine Maschine mit Menschen an Bord hereingekommen ist, und sucht dann verzweifelt eine dieser rollenden Treppen, über welche die Passagiere aussteigen können. Ebenso ist meistens kein Bus da, weil der Flughafen anscheinend erst in allerletzter Minute erfahren hat, das da eine Maschine aus Nairobi gelandet ist. Anscheinend rechnet niemand auf dem Flughafen damit, dass die wirklich jeden Morgen um 6.15 Uhr ankommt und landen möchte.

Auf jeden Fall hatte ich diesmal durch die Verzögerungen und durch meinen exponierten Sitzplatz die seltene Gelegenheit, der Bodenmannschaft ausgiebig beim Ausladen des Gepäckes zuzuschauen.

Das kann man sonst nicht, wenn man schon im Gang steht oder schon die Maschine verlassen hat, bevor die mit dem Ausladen beginnen.

Es war hochinteressant mit anzusehen, wie ‚sorgfältig‘ die Koffer der Passagiere behandelt wurden:

5 Männer in KLM-Jacken standen dort bewegungslos und spielten ‚Beamtenmikado‘ (wer sich zuerst bewegt, hat verloren).

Einer von ihnen nahm die Koffer an und warf sie zwei bis drei Meter weit durch die Luft auf die Ladefläche einer dort stehenden Karre, die etwa einen Meter unter ‚Wurfhöhe‘ lag.

Er hätte die Koffer auch dort hin bringen können, oder die Karre näher zu sich fahren können, aber das wollte er anscheinend nicht.

Vielleicht war er aber auch so sauer darüber, das er am Morgen um 6.00 Uhr schon arbeiten musste, das er diese Gelegenheit benutzte, um sich abzureagieren. Auch schien seine Arbeitsweise nichts Unübliches zu sein, denn die anderen vier Männer schauten seelenruhig zu, wie ein Koffer nach dem anderen durch die Luft flog und dann zwei Meter weiter und einen Meter tiefer laut krachend auf die Karre knallten, das es nur so schepperte.

Niemand unternahm etwas gegen diesen '‚Kofferinhaltvernichtungsfeldzug'‘ eines KLM-Mitarbeiters. Alle fünf Männer hatten übrigens groß die Buchstaben KLM auf ihren Jacken stehen.

Die Koffer flogen mit einem solchen Schwung auf die Karre und knallten so hart gegen seine Begrenzungen - nachdem sie brutal aufgeschlagen waren - das ich davon ausgehe, dass jede Kamera und jedes Objektiv, die sich in einem dieser vielen Koffer vielleicht befanden, anschließend zur Reparatur eingeschickt werden mussten oder zerstört waren, weil sämtliche Autofokussysteme dejustiert sind, sämtlich Linsen verrutscht sind und im falschen Winkel stehen, sämtliche Stabilisatoren falsch arbeiten und sämtliche Belichtungssysteme - und alles andere - hoffnungslos ‚aus dem Lot geraten sind ist‘. Und niemand kann KLM dafür verantwortlich machen und eine Schuld nachweisen, weil es ja außer mir niemand gesehen hat.

Stellen Sie sich nur einmal vor, sie stehen auf einem Stuhl und werfen von dort aus einen vollen Koffer zwei Meter weit auf einen Steinfußboden und lassen ihn dort mit der flachen Bodenseite aufknallen, dann haben sie so ungefähr die Wirkung erzielt, die KLM-Mitarbeiter hier an diesem Morgen – systematisch - den ihnen anvertrauten Koffern der Fluggäste antaten. Ohne Grund - einfach so, weil es ihnen anscheinend ‚scheißegal‘ ist, was sie dem Eigentum anderer Leute zufügen, und auch niemand da ist, der sie überwacht oder einschreitet - keine Kollegen und auch keine Aufsicht..

Die anderen dort herum stehenden KLM-Mitarbeiter die dies beobachteten, verzogen überhaupt keine Miene zu diesem bösen Schauspiel, weil das anscheinend die übliche Routine ist, wie man mit dem Eigentum anderer Leute durch KLM auf dem Flughafen Schipohl umgeht.

Es nützt auch wenig, wenn man das meldet. Man wird dann lediglich von der KLM-Marketingabteilung einen freundlichen Brief bekommen, wie unendlich man das bedauert, es sich um einen Einzelfall handelt, und das dies auch nie wieder passieren wird usw., usw..

Aber diese Briefe werden in einem Büro zwischen 10.00 Uhr und 15.00 Uhr geschrieben. Morgens um 6.00 Uhr ist von den Briefschreibern mit Sicherheit niemand auf dem Flugplatz und überwacht die Arbeiten dort.

Die Empfehlung kann daher nur sein, niemals eine Kamera oder ein Objektiv in einen Koffer zu packen, sondern alle empfindlichen Fotogeräte als Handgepäck mitzunehmen.

Denn unsere Geräte sind richtige Sensibelchen: Auf Sanibel-Island fiel einem Freund sein 2.8/400 mm aus nur 50 cm Höhe auf den Sandboden, und anschließend war eine Linse verkantet. Ein 5.6/150-600 mm Telezoom brach auf den Falkland-Inseln in der Mitte auseinander, weil der Kollege es mit einem Einbeinstativ über der Schulter trug, und diese leichten Schwingungen schon zu viel waren für das Objektiv.

Mir rutschte im Ngorongoro Crater in Tanzania eine robuste Profikamera aus der Hand und schlug auf dem Boden auf. Die spätere Reparaturrechnung füllte zwei Seiten mit all den aufgeführten Teilen, die ersetzt, repariert oder justiert werden mußten auf Grund eines ‚Fallschadens‘.

Was mit Kameras und Objektiven passiert (und wie deren Reparaturrechnungen aussehen) wenn sie - in Koffern - KLM-Mitarbeitern in die Hände fallen, und von denen zu Weit- und Tiefwurfübungen benutzt werden, wage ich mir überhaupt nicht auszumalen.

2.

Wenn Sie einschecken, dann klebt die Bodenstewardess um den Griff ihres Koffers einen länglichen Aufkleber, wo in Wortkürzeln und als Strichcode drauf steht, wo der Koffer hin soll.

Wenn dieses Klebeband auf dem Weg durch den unterirdischen Flughafen einmal abreißt, dann weiß niemand so schnell, zu welcher Maschine der Koffer eigentlich sollte. Um dies zu verhindern, gibt es einen zweiten, kleinen Aufkleber, den die Bodenstewardess – eigentlich – von dem langen Aufkleber abziehen, und auf ihren Koffer direkt aufkleben soll, damit man ihn auch dann noch sicher und schnell zur richtigen Maschine befördern kann, wenn der Hauptaufkleber verschwunden ist. Denn auf Grund ihres Anhängers mit ihrem Namen kann man wohl den Koffer – später - ihnen zuhause zustellen, weiß aber nicht, auf welche Maschine er sollte.

Der kleine Aufkleber ist also sehr wichtig, aber die meisten Bodenstewardessen am Einscheckschalter kleben ihn nicht auf, weil das zusätzliche Arbeit macht und lästig ist. Wenn sie also sicher gehen wollen, dass ihr Koffer da ankommt wo auch sie ankommen - und nicht irgendwo anders - dann achten sie beim einschecken darauf, dass die Bodenstewardess auch die kleinen Aufkleber auf die Koffer macht, und nicht nur den großen, langen um den Koffergriff.

Denn wenn sie in Miami landen und ihr Koffer ist am Boden des Abflughafens geblieben, dann ist das für sie ziemlich unangenehm, der Bodenstewardess aber völlig egal, weil die inzwischen zuhause vor dem Fernseher sitzt und sich gemütlich Günther Jauch ansieht und keinen Gedanken daran verschwendet, das sie jetzt ziemliche Probleme haben, nur weil diese Bodenstewardess sich das Berufsleben so einfach und bequem wie möglich gemacht hat – auf ihre Kosten.

  
Das kleine Etikett mit dem Strichcode ganz links soll eigentlich vom 
großen abgetrennt, und auf dem Koffer aufgeklebt werden. Denn
falls mal das große vom Griff abgerissen wird, ist immer noch
and Hand des aufgeklebten kleinen eine Zuordnung des
Koffers möglich.

3.


Dr. Murphy ist der einzige, der wirklich aufpasst und sorgfältig arbeitet: Wenn sie etwa in Denver ankommen und haben drei Stunden Zeit bis ihr Anschlussflug geht, dann haben sie ihr Gepäck in zehn Minuten und sind 5 Minuten später mit allen Zollformalitäten fertig und durch sämtliche Kontrollen.

Wenn sie aber in Chicago landen und ihr Anschlussflug geht in einer Stunde, dann dauert es sicher 45 Minuten bis sie ihr Gepäck haben und sie erreichen den Anschlussflug so eben 10 Sekunden bevor die Flugzeugtür geschlossen wird. Aber – sie haben es geschafft.

Was es mit Sicherheit nicht geschafft hat, ist ihr Gepäck. Denn Flughäfen brauchen zwischen 30 und 90 Minuten, um Gepäck von einer Maschine in eine andere zu befördern.

Auf ihrem Zielflughafen müssen sie dann eine ‚Koffervermisstenmeldung‘ abgeben, und nach dem sie jetzt schon 14-18 Stunden unterwegs sind – plus 8 Stunden Zeitverschiebung – sollen sie jetzt auch noch ihre Koffer möglichst genau beschreiben, damit die Chance größer wird, sie wiederzufinden, wenn sie mit der nächsten Maschine – oder am nächsten Morgen - nachkommen.

Da gibt es einen kleinen Trick, der sie für den ganzen Ärger ’fast‘ entschädigt: Auf die Frage, wie denn ihre Koffer aussehen, legen sie einfach zwei Fotos auf den Tresen mit den Abbildungen von Vorder- und Rückseite ihrer Koffer.

Denn diese Leute dort am ‚Lost Baggage-Schalter‘ müssen sich nämlich jeden Tag mit Beschreibungen wie: ‚Die Koffer sind groß und grau‘ herumschlagen, und wenn sie denen zwei solche Fotos hinlegen, dann sind die ziemlich überrascht und sicher auch erfreut über diese Arbeitserleichterung. Und ihre Chancen steigen auch, die Koffer wiederzusehen..

   

..und 4.

...und die 4 als Zusatzzahl:

Hier noch einmal ein Auszug aus einem früheren Artikel zum Thema:

Was ist die beste Strategie?
Filme muss man heute als Handgepäck mitnehmen, da es seit einiger Zeit bekanntlich Scanner gibt, die jeden unbelichteten Film ruinieren können, aber bisher nur zur Kontrolle der aufgegebenen Koffer eingesetzt werden, aber - noch - nicht für das Handgepäck.

Eine Frage die niemand beantworten kann ist: Kann man die Kameraausrüstung aufgeben und nur die Filme als Handgepäck transportieren? Im Prinzip schon, aber überstehen es die Kameras und Objektive?

Äußerlich sicher. Man könnte die Geräte auf einen oder zwei mittlere Hartschalenkoffer verteilen, und die jeweils in einen größeren weichen Koffer verpacken, mit Wäsche drumherum als 'Zwischenpufferzone'.

Empfehlen würde ich das aber nicht. Die Justierungen moderner AF-Kameras und moderner AF-Objektive scheinen mir zu sensibel zu sein, um den oft sehr robusten Umgang mit Koffern durch die Flughafenbetreiber zu überstehen.

Man darf nicht vergessen: Bevor am Flughafen jemand in der Gepäckabfertigung arbeiten darf, muss er erst einen dreiwöchigen Intensiv-Kursus mitmachen wo ihm beigebracht wird, wie man einen Koffer aus drei Meter Höhe auf die Kante fallen lässt, wie man fachgerecht Riemen und Handgriffe abreißt; was man machen muss, damit man in Hartschalenkoffer lange Risse bekommt, und vor allem: was man berücksichtigen muss, damit ein Koffer genau mit der Ecke auf einen anderen Koffer mit voller Wucht aufschlägt, damit dieser aufplatzt. Das alles ist nicht so einfach und muss lange trainiert und geübt werden.

Wer einmal gesehen hat, wie aus einem Jumbo zwanzig Koffer aus großer Höhe einfach auf den Zementboden knallten, der wird nichts Empfindliches für den Rest seines Lebens in einen Koffer packen, den er aufgeben muss.

Es reicht eigentlich schon, wenn man auf manchen Flughäfen am Gepäckband sieht, wie die Koffer aus der Luke auftauchen und dann herunterrutschen und unten gegen den Rahmen des Förderbandes knallen.

Anscheinend haben Flughafenbetreiber mit dieser Art Gepäckförderbänder selber ein etwas schlechtes Gewissen, denn manchmal steht da extra ein Flughafenmitarbeiter, der die Koffer mit der Hand abbremst, bevor sie gegen die Begrenzung knallen. Aber - er steht eben nur manchmal da, und wenn er zufällig mal da ist, verliert er oft die Lust nach den ersten 80 Koffern und verschwindet, damit die noch folgenden 250 Koffer ungehindert ihrem Schicksal schnell entgegenrutschen können.

Wenn das zweimal passiert, braucht man sich um die Justierungen keine Sorgen mehr zu machen. Die sind wahrscheinlich hin.

Zweimal schon habe ich erlebt, das alle Aufnahmen einer Reise unscharf waren, weil der Spiegel in der Kamera nur einen Millimeter dejustiert war, durch einen leichten Schlag - wie er kommt, wenn etwa der Fotorucksack vom Sitz eines Busses gerutscht ist oder so. Wenn der Spiegel in der Kamera nicht ganz genau im Winkel steht, also statt auf 45 Grad etwa auf 46 Grad, und man stellt dann die Schärfe auf diesem dejustierten Spiegel ein, dann liegt nachher bei den Dias die Schärfe immer einen Meter vor oder hinter dem Motiv, was nicht sehr lustig ist. Daher scheint es mir nicht ratsam zu sein, die Ausrüstung aufzugeben. Was tun?

Die einfachste Lösung ist halt ein Photorucksack, der eindeutig unter den genehmigten Maßen bleibt.

Im Zweifelsfalle ist es sicher ratsam, einige Wochen vor dem Flug (damit man noch Zeit hat zu reagieren) mit dem probegepackten Photorucksack zum nächstgelegenen Regionalflughafen zu fahren, und ihn einmal als Test in die dort aufgestellten Handgepäckkontrollrahmen zu stecken um zu sehen, ob er problemlos hineinpasst.

Bei den heutigen Massentransporten in Großraumfliegern und dem oft ziemlich genervten Personal ist es als Alternativlösung aber auch nicht schlecht, wenn man überhaupt nicht als Fotograf mit Supergepäck auffällt, sondern quasi 'unbemerkt' als normaler Tourist einscheckt..

  

Deshalb nehme ich statt Fotorucksack einen Trolley, 
der mit den Maßen  15 x 29 x 43 cm  weit unter den erlaubten 
von 20 x 40 x 55 cm bleibt. Dies hat den Vorteil, dass er
praktisch in jedes Fach passt, und auch nicht kontrolliert wird
auf Gewicht ( 8 kg sind meistens erlaubt für Handgepäck),
weil er eben viel kleiner ist als die der anderen Passagiere.
Trotzdem passt mein 4.0/500 mm hinein. Der Fotorucksack
fliegt im Koffer mit zum Zielort.


Wer nur einmal im Jahr per Flieger einen Fotourlaub macht,
der mag ja vielleicht dem Kampf mit dem Bodenpersonal noch
eine sportliche Note abgewinnen.

Wer häufig fliegen muss, der spart sich gerne die ständigen Adrealinausstöße
und fliegt lieber unerkannt und unbemerkt.

Mit einer so durch den Trolley unkenntlich gemachten großen Fotoausrüstung kommt man
unbehelligt, unbeschwert und ganz entspannt im Hier und Jetzt
durch das  Vielfliegerleben.

Ein weiterer Vorteil: 
Neben Bargeld und Diamanten, sind Fotogeräte die beliebtesten Beutestücke von Berufsdieben. Ein Fotorucksack trägt praktisch - unsichtbar - in Grossbuchstaben die Aufschrift: Stehle mich, mein Inhalt ist sehr wertvoll und sehr leicht auf dem Schwarzmarkt weiterzuverkaufen.

Einem Trolley sieht man den Inhalt nicht an...

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