Fritz
Pölking
Ein
Weg durch das
digitale
Naturfotografen-Leben
Soll
man überhaupt umsteigen? Wenn man etliche Jahrzehnte seine
Bilder auf Film gespeichert hat, dann überlegt man es sich mehr als
zweimal, ob man umsteigt und seine Bilder in Zukunft auf einem Chip
speichert.
Vorteile?
Wenn man die Hardware erst einmal bezahlt hat, braucht man kein Geld
mehr für Filme, Entwicklung und Diarahmung auszugeben.
Auf Auslandsreisen muss man nicht mehr 150 Filme im Handgepäck hin- und
zurücktransportieren, und auch die unerfreulichen Situationen an den
X-Ray-Maschinen der Flughäfen gehören der Vergangenheit an.
Lohnt es sich dafür umzusteigen? Für mich nicht.
Deswegen
wäre ich nicht umgestiegen. Denn es gibt auch handfeste Nachteile.
Etwa der
enorme Zeitaufwand für die Einarbeitung in die Materie, der enorme
Zeitaufwand für die Digitale Dunkelkammer und die fantastischen Preise
für digitale Spiegelreflexkameras und den rasanten Wertverfall der
Geräte.
Heute
gekauft, morgen überholt, übermorgen Alteisen.
Der
Knackpunkt für mich war und ist aber, ob ich digital bessere Fotos mache als
auf Film.
Nachdem
ich im Oktober 2003 im Yosemite Nationalpark in Kalifornien zweigleisig
fotografierte hatte, analog mit der EOS-1 V und digital mit der EOS-300
D, beschloss ich 2003 im Dezember, dass ganze Jahr 2004 nur digital zu
fotografieren, um im Dezember 2004 eine endgültige Entscheidung zu
treffen, ob ich für den Rest meines Lebens auf Film oder auf Chip
fotografieren werde.
Im April 2004 war die Sache aber schon entschieden und mir war klar,
dass ich bei digital bleiben werde, weil ich den Eindruck hatte, meine
Chancen gute Bilder zu machen, sind digital besser als mit Film.
Das
größte Problem für mich – auf der technischen, nicht der
gestalterischen Seite – war, einen vernünftigen digitalen
Arbeitsdurchlauf zu finden.
Was
braucht man als digital arbeitender Naturfotograf draußen?
Zuerst
natürlich mal zwei digitale Spiegelreflex-Gehäuse, sagen wir eine EOS
20 D mit 8 Millionen Pixel zum fotografieren, und eine EOS 300 D mit 6
Millionen Pixel als Reservegehäuse (oder eine adäquate Kombination von
Nikon oder einem anderen Hersteller), weil man ja schlecht nach Afrika
oder Amerika mit nur einer Kamera fliegen kann.
Dazu
eine Lupe, damit man auch
draußen auf dem Kameramonitor bei Sonne etwas sehen kann, wie etwa den
Digifinder (www.fotomayr.de), daneben einen Reserveakku für die
Kamera und zwei Compactflash-Karten, sagen wir eine mit 4 und eine mit 2
GB. Wenn man auf RAW speichert, bekommt man pro GB etwa 100 Bilder auf
die Speicherkarte.
Dann
muss man einen Laptop oder ein Notebook mitnehmen, denn wenn man nicht
abends im Hotel die Ernte des Tages kontrolliert, verschenkt man viele Möglichkeiten,
Fehler gleich vor Ort zu erkennen und auszumerzen.
Am
Anfang dachte ich diese Geräte würden reichen, weil ich ja die Bilder
auf dem Notebook speichern, und die Sicherheitskopien jeden Abend auf CD
oder DVD brennen kann.
Bis mir
in Grand Junction in Colorado auf dem Flughafen einmal die Tasche mit
dem Notebook von der Schulter rutschte und auf den Steinfußboden
knallte. Glücklicherweise passierte nichts.
Da fiel
mir erst auf, das ich mit defektem Notebook aufgeschmissen wäre, weil
ich erstens keine Bilder mehr auf ihm speichern, und auch keine CD’s
zur Sicherheit mehr brennen könnte.
Also
habe ich von der nächsten Reise an noch einen 40 GB externen
Bilderspeicher mitgenommen, den Jobo Giga-3,
so dass ich jetzt zwei voneinander unabhängige Speichersysteme habe.
Auf
Reisen speichere ich alles nur auf RAW, und wandele diese Dateien erst
Zuhause in TIFF um, weil eine 10 MB RAW-Datei durch den
Umwandlungsprozess auf TIFF auf etwa 25 MB anwächst, also den
2,5-fachen Speicherplatz benötigt.
Ein
Vorteil auf Reisen in der digitalen Fotografie ist die größere
Sicherheit gegen Diebstahl. Das Notebook lasse ich immer im Hotel im
abgeschlossenen Koffer und lasse auch keine Kabel usw. im Zimmer liegen,
die auf ein Notebook im Koffer zurückschließen lassen.
Den Jobo
Giga-3 nehme ich immer im Fotorucksack mit, so dass – wenn ein
Speicher gestohlen wird – immer noch die Bilder auf dem anderen
Speicher vorhanden sind. Wenn dagegen ein Koffer mit den Diafilmen
gestohlen wird, ist alles futsch..
Was braucht man
als digital arbeitender Naturfotograf drinnen?
PC,
Farbdrucker, Scanner für die ganzen vorhandenen Dias und natürlich ein
Bildbearbeitungsprogramm, am besten Photoshop CS.
Wie kann
man vorgehen?
Hier als
Beispiel mein Weg (zur Zeit), der mit wachsenden Erkenntnissen sich
sicher noch verändert und verfeinert. Es ist nicht der Weg,
sondern nur ein Weg, weil in der digitalen Fotografie viele Wege
zum Ziel führen.
1.
Schritt:
Man bringt das Bild auf den Schirm, macht eine Kopie
und dann den gewünschten Ausschnitt.
2.
Schritt:
Jetzt gehe ich – falls nötig – mit dem Stempel an das Bild und
entferne die Flecken, die durch Dreck in der Kamera entstanden sind,
vorzugsweise sieht man es im Himmel.
3.
Schritt:.
Die Tonwertkorrektur
4.
Schritt:
Die Farbkorrektur.
5.
Schritt:
Unscharf maskieren, aber sehr vorsichtig. Die endgültige Schärfung
sollte man erst beim Druck vornehmen, abhängig von der Druckgröße. Es
gibt Agenturen, die wollen am liebsten überhaupt keine Schärfungen,
oder allerhöchsten bis zum Wert 50-1-1.
6.
Schritt:
Datenanhang machen mit den gleichen Angaben, die man auch auf dem
Diaetikett macht, nur eben viel ausführlicher, da man ja jede Menge
Platz hat.
7.
Schritt:
Speichern unter TIFF. Eine eiserne Regel sollte lauten: Niemals am
Original RAW-Datensatz arbeiten, sondern immer an einer Kopie. Da ich
aber das fertige Bild unter TIFF speichere, bleibt die
Original-RAW-Datei sowieso unbearbeitet erhalten, und ich muss am Anfang
keine Kopie machen (Man darf dann nur nicht versehentlich das Bild als
RAW zurückspeichern. Dieser Weg ist also etwas gefährlich).
Sollte
man auf RAW-TIFF oder JPEG arbeiten? RAW-TIFF macht viel mehr Arbeit.
JPEG-Dateien kann man ‚fertig‘ aus der Kamera kommen lassen, ohne
Nachbearbeitung in der ‚Digitalen Dunkelkammer‘. Für die meisten
Amateurzwecke und die schnelle Presse- und Sportfotografie reicht JPEG
vollkommen aus. Selbst viele Bildagenturen nehmen lieber aus
Speichergründen JPEG-Dateien an. Die meisten wollen allerdings eher
8bit/TIFF.
Mein
Vorschlag wäre für Naturfotografen deren längste Brennweite ein
80-400 oder 100-400 ist, auf JPEG zu speichern, und wer ein 4.0/500 mm
hat sollte auf RAW/TIFF arbeiten.
Denn wer
bereit ist ein so schweres und teures Objektiv zu schleppen, der sollte
auch nachher das Bestmögliche aus seinen Bildern herausholen.
Arthur
Millers Ansicht und Ansel Adams Negativ.
Arthur
Miller hat einmal die Ansicht geäussert, das die Fotografie die roheste
aller Künste sei. Jetzt, wo wir vor der Aufnahme das Bild auf dem
Monitor überprüfen, und nachher in Ausschnitt, Tonwerten, Farbe und
Schärfe verbessern können, und vor allem – es durch den Photodrucker
in der Hand haben, es selber zu steuern zu dem Bild hin, welches uns
vorschwebte, stimmt seine Ansicht noch weniger als früher.
Die
unangetastete RAW-Datei ist heute für uns das, was für Ansel Adams früher
das Original-Negativ war, aus dem er Jahre später mit wachsender
Erkenntnis völlig andere Abzüge machte als am Anfang. In der
Digitalfotografie mit eigenem Photodrucker nähern wir uns wieder den Möglichkeiten
die Ansel Adams mit seinen SW-Negativen hatte oder überholen ihn sogar.
Während
man sein Dia eigentlich nur ins Labor geben konnte und das 30x40cm-Bild
vom Dia viel zu hart wurde und keineswegs unsere Intentionen in Farbe,
Schärfe sowie Tonwerten -
und auch oft nicht im Ausschnitt - reflektierte, können wir heute mit dem
nicht einmal 400.- Euro kostenden A3-Farbdrucker die (100 Jahre
haltbaren?) Bilder in allen Belangen so ausdrucken, dass sie dem sehr
sehr nahe kommen, was uns bei der Aufnahme vorschwebte.
Noch nie
in der Geschichte der Fotografie hatten wir so großartige Möglichkeiten,
unsere Vorstellungen zu verwirklichen und komplett bis zum fertigen
Kunstdruck selber zu verwirklichen, in der Kamera und in der Digitalen
Dunkelkammer.
Es ist
eine Lust heute zu leben...zumindest als Naturfotograf.
Was mich
etwas unbehaglich macht an der digitalen Fotografie – gegenüber den
unglaublichen Möglichkeiten – ist die ungeheuere Technisierung des
Hobbys Naturfotografie.
Früher
war der Naturfotograf im Vorteil,
der die Natur und die Tiere über
alles liebte
und nur draußen bei seinen Motiven sein wollte.
Heute
ist der im Vorteil,
der seinen Computer und Photoshop über alles liebt
und nur im Zimmer sein möchte.
Und der
Vorstoß zur Spitzenqualität wird durch die digitale Fotografie nicht
einfacher, sondern schwieriger.
Weil man jetzt drei Dinge beherrschen muß:
1. Die
Kenntnisse über seine Motive.
2. Die
Kenntnisse über Naturfotografie.
3. Die
Kenntnisse über die Digitale Dunkelkammer.
Von 1950
bis 1970 reichte Punkt 1.
Von 1970
bis 2005 reichten 1 und 2.
Ab 2005
kommt noch Punkt 3 hinzu.
Und es
werden sicher eher weniger als mehr, die alle drei Felder gleich gut
beherrschen. Was meiner Ansicht nach sehr bedauerlich ist. Wir haben in
Europa jetzt schon prozentual viel weniger Naturfotografen als etwa in
Nordamerika, weil es halt’ bei uns viel schwieriger ist, Tiere und
Landschaften zu fotografieren.
Wenn
jetzt noch mehr aufgeben werden oder würden, weil ihnen die weitere
Technisierung der Naturfotografie nicht behagt, oder sich die
Zusammensetzung der Naturfotografen-Gemeinde sehr stark verändern wird,
von denen hin die Ahnung von der Natur haben, zu denen hin die Ahnung
von der Technik haben, so ist oder wäre das doch sehr bedauerlich.
Der
Idealfall ist natürlich, wenn jemand tagsüber am liebsten von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang draußen ist und Natur fotografiert,
abends am liebsten vor dem PC sitzt und mit Photoshop arbeitet, und von
der Natur, der Fototechnik und der Computer/Photoshop-Technik gleich viel Ahnung
hat und von allem gleich begeistert ist.
Das sind vielleicht die Voraussetzungen
für den idealen und erfolgreichen Naturfotografen ab 2005.
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