Fritz Pölking

Wunder gibt es immer wieder. .

Millionen Schmetterlinge überwintern im Hochgebirge

Als vor 130 bis 140 Millionen Jahren die Blütenpflanzen unseren Planeten 'betraten', kamen auch die ersten Schmetterlinge. Inzwischen sind rund 170.000 Schmetterlingsarten entdeckt und beschrieben worden, und auch heute noch findet man immer wieder neue. Inzwischen sind aber in China mit den Magnolien verwandte Blütenpflanzen entdeckt worden, die noch 25 Millionen Jahre älter sein sollen, als die bisher bekannteste älteste Pflanze. Also sind vielleicht auch die ältesten Schmetterlingsarten älter als bisher angenommen.

Aber keine Art hat uns Menschen so überrascht wie der Monarchfalter . Er lebte im Sommer in Nordamerika und verschwand im Herbst wie alle Falter. Aber niemand wußte wohin...

Bis der kanadische Schmetterlingsforscher Fred Urquart 1976 entdeckte, daß der Monarch die Winter in Mexiko verbrachte, im Hochgebirge, in 3.000 bis 4.000 Meter Höhe - in riesigen Kolonien von Millionen Tieren. Diese Entdeckung war eine Sensation.

Selbst Fachleute sind erstaunt, welche Leistungen dieses kleine Tier erbringt. Dieser nur wenige Zentimeter große Falter fliegt von den großen Seen im Süden Kanadas und den USA in jedem Herbst viele tausend Kilometer bis in die Wälder im Osten des mexikanischen Bundeslandes Michoacan.

Niemand weiß bis jetzt ganz genau, wie er sich dabei orientiert. Im Winterquartier angekommen, hängen sie zu Millionen an den Oyameles-Bäumen, einer Nadelbaumart. Wenn dann im Laufe des Tages die Sonne kommt und es wärmer wird, fliegen sie zu Tausenden umher vor dem blauen Himmel und bieten ein überwältigendes Bild .

Kopula im Winterquartier in Mexiko. Die Eier werden
 dann von den Weibchen nach einem langen Flug in
Lousiana und Texas gelegt.

'Vater und Mutter machen Sex in den Winterferien in Mexikos Bergen in etwa 3.000 Meter Höhe. Der Vater stirbt kurze Zeit später und die Mutter fliegt danach alleine einige tausend Kilometer bis nach Lousiana und Texas, wo sie die Kinder zur Welt bringt. Danach stirbt auch sie. Die Kinder fliegen weiter nach Norden zu den großen Seen in den USA und Kanada, wo sie den Sommer verbringen und ihr Leben beenden.. Im Herbst fliegen dann die Enkel über 6.000 km zurück in dieselben Berge, aus denen ihre Großmutter im Früjahr gekommen war. Genau zu derselben Stelle, an der die Großmutter ihre Sexspiele mit dem Großvater getrieben hat. .Die bis heute unbeantwortete Frage lautet: Woher kennen die Enkel den Ferienwohnsitz der Großeltern und wie finden sie ihn über eine Entfernung von 6.000 km, ohne Leitung und ohne ihn jemals vorher gesehen zu haben?'

Fotografieren im Winterquartier der Schmetterlinge.
Aufnahme: Gisela Pölking

Auf den ersten Blick sehen Männchen und Weibchen gleich aus. Am einfachsten kann man sie unterscheiden an den beiden Punkten auf den Flügeln der männlichen Tiere.

Die Weibchen können 100 bis 1000 Eier produzieren, aber Wetter , wenig Futter, umfallende Bäume und Feinde halten ihre Zahl in Grenzen. Jedes Jahr sterben 20 - 40 Millionen in den Winterquartieren.

Es gibt sogar eine helle Spielart dieses Schmetterlings, den sogenannten Weißen Monarch. Man hat ihn -wenn auch selten - in Australien, Neuseeland, Indonesien und den USA gefunden. Nur einige wenige Exemplare werden jedes Jahr gesichtet.

Wie die meisten Insekten, können die Monarchschmetterlinge nicht in langen und kalten Wintern überleben. Aber kein anderer Schmetterling macht sich auf einen so weiten und beschwerlichen Weg.

Die Exemplare westlich der Rocky Mountains überwintern an der Küste von Kalifornien, wogegen die östlich dieser Berge lebenden jedes Jahr zu den vulkanischen Hochgebirgen in Zentralmexiko fliegen.

Nach der Paarung im Winterquartier beginnen sie im März mit dem Rückzug, und in Lousiana und Texas kommt dann der Nachwuchs zur Welt, und die erste Generation stirbt hier. Die zweite Generation fliegt weiter nach Norden, um sich östlich der Rocky Mountains zu vermehren und später dort zu sterben. Es ist die dritte, die Enkelgeneration, die schließlich im Oktober/November wieder von Kanada und den USA nach Mexiko fliegt. Man vermutet, daß sie sich an Magnetfeldern orientiert. Sie starten zu dem langen Flug in kleinen Verbänden, wobei sie widrigen Luftströmungen ausweichen. Bei Gegenwind fliegen sie dicht am Boden im Windschatten von Bäumen und Hügeln. Aber bei Rückenwind steigen sie hoch über die Wolken dahin, wo die Freiheit grenzenlos ist - und man hat sie ziehend schon in über 2.500 Meter Höhe gesehen.

Rund um die Schutzgebiete in den zehn bekannten Winterquartieren hat sich ein Ökotourismus in kleinem Umfang entwickelt: Hotels, Pensionen, Andenkenhändler, Führer, Busunternehmer und die Angestellten der Schutzgebiete leben jetzt zum Teil von den Einkünften aus dem Schmetterlingstourismus. Dies dürfte der beste Schutz für die Tiere sein. Denn das sehen wir ja an allen Nationalparks und Schutzgebieten in der ganzen Welt: Sie sind nur sicher und langfristig zu halten, wenn sie den Menschen Geld und eine Existenzgrundlage bringen.

Aufregung gab es in der letzten Zeit, ob transgene Maispollen gefährlich für die Monarchschmetterlinge sind. Bei Laborforschungen der Cornell-Universität in New York gingen Schmetterlingslarven elend zugrunde, nachdem sie mit genmanipuliertem Mais gefüttert worden waren. Dazu muß man wissen, das die Raupe das 'Haupt-Freß-Stadium' im Lebenslauf eines Schmetterlings darstellt.

Anfang November 1999 gab es ein eigenes Symposion zu diesem Thema in Chicago und die Wissenschaftler kamen zu dem Schluß, das gentechnisch ressistent gegen Schädlinge gemachter Mais keine Gefahr für den Monarch-Schmetterling ist. Hoffen wir, das sie Recht haben.

Während früher die lokalen Farmer in Mexiko manchmal sogar mit Flammenwerfern gegen die Millionen von Wintergästen hoch in den Bergen vorgingen, weil sie diese unheimliche Zusammenballung von Millionen Tieren an den Bäumen für einen Schädlingsbefall hielten -wie bei uns etwa den Borkenkäfer -, werden diese zauberhaften Geschöpfe heute weitgehend geschützt. Es muß nur noch gelingen, die Abholzung der Bäume in manchen Winterquartieren -die sich oft auf privatem Grundbesitz befinden - zu stoppen, dann scheint das Überleben dieses einmaligen Falters - vorerst - gesichert zu sein. Die Aussichten sind auf jeden Fall  gut.

Das Dorf Angangeo in den Bergen Zentralmexikos ist mit seinen
 kleinen Hotels ein guter Ausgangspunkt 
zu den Winterquartieren der Monarchschmetterlinge.
Es ist von Mexiko City aus mit dem Mietwagen 
in 4-5 Stunden zu erreichen.

 

Wo viele Millionen Schmetterlinge überwintern, ist der
Waldboden von Tausenden toter Monarchfalter übersäht.

 

Männchen und Weibchen. Das Männchen kann man
am einfachsten an den beiden dunklen Punkten
auf den Flügeln erkennen.

 

Ein Monarchmännchen sonnt sich an einem
kleinen Ast über dem Wasser, und wirft so ein Spiegelbild.

 

Als Antwort auf die Wärme des Mittags
öffnen die Schmetterlinge ihre Flügel.

Sobald die Kälte der Nacht weicht und die Sonne
den Tag erwärmt, verlassen sie den
Wald und begeben sich zu Hunderttausenden auf die Nahrungssuche.

          

Man kann die Bäume nicht sehen vor lauter Schmetterlingen.
An manchen Bäumen sind die Äste komplett
unsichtbar durch die enorme Zahl von Faltern.

 

              

Es war ein Jahrhundertfund, als der Schmetterlingsforscher
Fred Urquhart 1976 in der Provinz Michoacan hoch in den Bergen
 - in oft über 3.000 Meter Höhe - die Winterquartiere der Monarchfalter entdeckte.

 

Alle Aufnahmen mit Nikon F5, 2.8/80-200 mm
und 4.0/500 mm, Stativ, Sensia-100,
Februar 2000.

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