Fotografische Skizzen aus der Arbeitswelt

 

Das ist ein lustiges Bild und sieht mehr nach rasendem Fotoreporter aus als nach einem Naturfotografen. Tom Brakefield fotografierte mich hier vor meinem Start mit dem Ultraleicht. Der seriöse Hintergrund ist, daß man in der Luft besser keine Filme wechselt, weil direkt hinter dem Rücken sich der Propeller des Rasenmähermotors dreht, und wenn beim Filmwechsel durch die starke Luftströmung da oben einmal eine Filmdose davonfliegt in den Propeller hinein, dann ist das nicht unbedingt sehr komisch. Um also nicht alle zehn Minuten landen zu müssen ist es ratsam, sich einige Kameras umzuhängen. Diese hier sind mit den Brennweiten 2,8/24 mm, 2,8/55 mm und 2,8/70-210 mm bestückt. Mit dieser Kombination habe ich am Himmel über der Masai Mara die besten Erfahrungen gemacht: 24 mm für die weite Übersicht, 55 mm für die meisten und besten Landschaftsfotos aus der Luft, und 70 -210 rnm für Tieraufnahmen. Dazu offene Blende und Zeitautomatik, damit die Kamera immer die kürzest mögliche Verschlußzeit nimmt. Für Luftaufnahmen ist das Ultraleicht fantastisch geeignet, weil es recht langsam fliegt, und man keine Glasscheibe zwischen Kamera und Motiv hat.

90 % meiner Aufnahmen hier in der Masai Mara mache ich durch die Öffnung in der Wagentür, weil die Perspektive von unten fast immer wesentlich besser ist. Aber manchmal muß man eben doch aus der Wagendachöffnung heraus fotografieren, sei es weil der Radius von unten nicht reicht, um der jagenden Gepardin durch den Kameraschwenk zu folgen, sei es weil das Gras zu hoch ist; oder auch immer, wenn der Leopard im Baum oder auf einem Felsen liegt, und man dann eine zu steile Bildperspektive hierdurch vermeiden kann. Weil der Sandsack in der gestaltenden Naturfotografie nur ein Notbehelf sein kann, wenn es einmal ganz schnell gehen muß, habe ich mir für alle Situationen, wo man etwas mehr Zeit hat, ein Brett mitgebracht, das ich vor mir über der Dachluke befestige, und wo ich zwei Kugelköpfe unterbringen kann. Dadurch kann man immer gleichzeitig zwei Brennweiten auf einen Punkt fixieren und gewinnt so oft kostbare Sekunden, da man ja zwei Objektive, die auf Sandsäcken liegen, immer erst neu einrichten muß.

Viele Spiegelreflex-Kameras haben heute Autofokus und/oder eine elektronische Einstellhilfe. Diese arbeitet so, daß bei hundertprozentig korrekter Scharfeinstellung im Suchereinblick ein grüner oder schwarzer Punkt erscheint und signalisiert, daß jetzt die Schärfe absolut richtig eingestellt ist. Diese beiden technischen Hilfsmittel sind für mich unbezahlbar wichtig bei Nachtaufnahmen; denn ich kann zwar im Scheinwerfer oder Taschenlampenlicht das Motiv erkennen, aber es ist mir völlig unmöglich, manuell bei diesem 'Restlicht' korrekt zu fokussieren. Erschwerend kommt noch hinzu, daß man kein weißes Einstellicht nehmen sollte, weil dies die Tiere oft irritiert, sondern besser Rotlicht, weil sie darauf meistens nicht reagieren. Aber auf Rotlicht einzustellen, ist noch schwieriger.

Weil ich mit dem Lichtstrahl von Taschenlampen als Einstellhilfe nicht sonderlich zufrieden war - auch nicht mit den starken Stablampen, die angeblich bis 1.000 rn reichen - kaufte ich bei Kettner für DM 39,50 eine Lampe für Jäger, die man am Zigarettenanzünder des Autos anschließen kann, und beklebte sie mit einer roten Folie. Das Ergebnis war großartig: auf 20 -30 rn Entfernung kann man damit draußen bei Dunkelheit sogar noch mit Autofokus arbeiten, und die Fotografie von Afrikas Tierwelt in der Dunkelheit wurde zu einem reinen Vergnügen.

Hier auf dem Bild sieht man meine Ausrüstung für die Arbeit in der Dunkelheit: Auf der Kamera ein SB-24 Blitz, der bei Reflektorstellung auf 85 mm und einem 200 ISO-Film bis etwa 15-20 m reicht, je nach Objekthelligkeit und Blende (bei Blende 5,6 10 rn, bei B. 4.0 15 rn und bei 2,8 bis etwa 20 rn). Diesen relativ schwachen Blitz nehme ich, weil er die Ausrüstung nicht sonderlich belastet, und auch keine besonderen Umbauten im Fahrzeug erforderlich macht. Wenn man gezielt sich auf Nachtfotos spezialisiert, ist sicher ein stärkerer Metz Stabblitz zu empfehlen. Links neben der Kamera sieht man den mit roter Folie beklebten Scheinwerfer. Es ist für mich immer wieder faszinierend zu beobachten, wie schnell und exakt Autofokus in der Dunkelheit bei einem kleinen bißchen rotem Licht noch scharfstellt, wo ich schon faßt Mühe habe, daß Objekt der Begierde überhaupt im dunklen Sucher noch zu finden.

Die Leopardin Paradies liegt hier vor meinem Auto und döst so vor sich hin. Das ist eine zweischneidige, seltsame, merkwürdige, faszinierende und etwas unbehaglIche Situation: Auf der einen Seite bin ich natürlich hingerissen, daß eine ausgewachsene, freilebende Leopardin von ihrem Rastbaum herunterkommt, und sich neben mein Auto legt. Es ist schon faszinierend, eine große Katze so aus der Nähe zu beobachten. Fotografisch ist es allerding witzlos, weil der Winkel zu steil ist und der Hintergrund zu unruhig wird. . .

Etwas problematisch ist es, weil es hier eine Regel gibt die besagt, daß man sIch einer der großen Katzen nicht weiter als 20 rn nähern soll. Nun habe ich mich der Katze ja nicht genähert, sondern sie ist zu mir gekommen, und wollte wohl das Auto als Tarnung benutzen, aber das können natürlich Ranger oder Touristen nicht wissen, wenn sie später dazu kommen. Für die würde es dann so aussehen, als wäre ein Naturfotograf so nahe wie möglich an Paradies herangefahren und würde sIe irgendwie in ihrer Behaglichkeitszone bedrängen. Daher bin ich in solchen Situationen immer fortgefahren und habe mehr Distanz zwischen dem Wagen und der Leopardin gebracht als dieser vielleicht angenehm war, wenn ich andere Fahrzeuge kommen hörte, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.

Dr. Horst Hagen, einer der besten Kenner der ostafrikanischen Tierwelt, der schon viele Bücher über diese faszinierende Welt schrieb, und den man oft in Afrika trifft. Hier fotografiert er im Augenblick 'meine' Leopardin.

Hier der Wagen eines britischen Filmers. Berufsfilmer erkennt man oft daran, daß sie die Fahrertür aushängen und durch eine Brettertür ersetzen, an der eine Halterung für die schwere Filmkamera angebracht ist. Dieser hier hat als dritte Möglichkeit noch vorne über der Kühlerhaube ein Tarngestänge mit Stoff angebracht, wahrscheinlich um von da aus herunterhängend über die Haube Filmszenen aus Bodenhöhe drehen zu können.

Während der verschiedenen Touren habe ich natürlich auch mit der Ausrüstung herumexperimentiert, um sIe möglichst optimal zu gestalten. Zweimal habe ich auch den großen Lowepro Supertrecker mitgenommen, was sich aber nicht bewährte aus dem einfachen Grund, weil es mir keinen Spaß machte, mit dem Riesending zu arbeiten. Für mich als optimal hat sich die folgende Ausrüstung herausgestellt: Neben mir auf dem Sitz schußfertig die lange Brennweite mit der Kamera dahinter und einem Sandsack darunter, damit sie besser liegt und nicht vom Sitz rutscht. Daneben der Rucksack mit ebensfalls schußfertig kombiniert das 300er mit dem zweiten Kameragehäuse. Auf dem Boden die Kodak Kühltasche mit den Filmen und in der Tür das Scheibenstativ mit einem großen Lumpp-Kugelkopf, abgestützt auf einem kräftigen Einbeinstativ. Ein zweiter Sandsack liegt für schnelle 'Notschüsse' aus der Dachluke bereit.

Man trifft im Laufe der Zeit viele interessante Kollegen in der Masai Mara. Hier ist es der französische Naturfotograf Michel Denis-Hulot. Er verbringt regelmäßig 6 Monate im Jahr in Ostafrika und lebt dann in diesem allradgetriebenen Volkswagenbus. Oben auf dem Dach hat er permanent ein Zelt installiert, das er abends nur aufklappen muß. Da oben in einem Zelt ist es nachts angenehmer als im Auto, und er kann den Platz im Wagen permanent anderweitig benutzen, den er sonst für Bettzeug und Gestell reservieren müßte.

Der Naturfotograf Jean-Paul Ferrero aus Australien, der auch regelmäßig im Mara-River Camp anzutreffen ist. Weil er Moskitos haßt, benutzt er oft ein Schutznetz oder schlägt sie tot. Unsere Hinweise, daß man in einem Naturreservat keine Tiere töten darf, können ihn nicht beeindrucken.

Eine unbekannte Filmcrew. Filme drehen ist etwas aufwendiger als Natur fotografieren. In diesen beiden Autos saßen sieben Mitglieder der Filmmannschaft.

Der Kollege Anup Shaw, der in Nairobi lebt, und häufig mit seinem Bruder Manjoj zusammen in der Mara arbeitet.

Der amerikanische Kollege Tom Brakefield schaut hier etwas skeptisch und scheint auf bessere Zeiten zu warten.

Hier sieht man Jonathan Scott in voller Aktion. Er lebt mehr oder weniger die halbe Zeit in der Mara und die andere Zeit bei seiner Familie in Nairobi. Er hat etliche großartige Bücher über die Tiere in der Masai Mara und der Serengeti gemacht und ist eine der ganz seltenen Dreifachbegabungen: er kann fotografieren, schreiben und zeichnen.

So eine Kodak Filmkühltasche steht bei mir im Wagen immer auf dem Boden neben meinem Sitz. Links die Fujichrome Sensia-100 Filme für - fast - alle Aufnahmen. In der Mitte die roten Kodachrome-200, für die 'blauen Stunden' ganz früh und ganz spät. Da der K-200 einen Braunstich hat, ist er sehr gut geeignet, eine zu blaue Farbbalance - etwa vor Sonnenaufgang oder bei Regenwetter - auszugleichen. Daneben ganz rechts die Fujichrome-4oo Diafilme, für lichtmäßig hoffnungslose Fälle. 400er Diafilme sind farblich katastrophal schlecht, und man sollte sie nur in alleräußersten Notfällen nehmen.

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