8. Tour

8. - 19. September 1994

Das Masai Mara-Fotojahr nähert sich so langsam seinem Ende. Diese 8. Tour will ich zu 50% der Leopardenfamilie widmen, mit den Kleinen, die jetzt 9 1/2 Monate alt sind; und zur anderen Hälfte dem spektakulären Zug der Weißbartgnus, die eigentlich jetzt zu zehntausenden den Marafluß überqueren müssen - zur Freude der Krokodile.

Die nächste und wahrscheinlich letzte Tour für dieses Projekt will ich dann so etwa Ende November/ Anfang Dezember machen, um die noch fehlenden Fotos für das Masai Mara-Buch aufzunehmen - Maasai und ihre Manyattas, weitere Luftaufnahmen vom Gebiet, und um die bis dahin zum Thema noch vorhandenen Lücken zu schließen.

Wenn möglich noch als krönenden Abschluß für das Leopardenbuch ein Foto der Leopardin mit ihren beiden Kindern zusammen, die dann genau ein Jahr alt sind. Das wäre ein schönes Ende für die Leopardengeschichte.

Bewährt haben sich auf den letzten Touren die Sensia-100 und Profia-100 Filme, sie sind schlicht gesagt großartig. Allerdings kann ich keinen Unterschied zwischen ihnen feststellen, außer, daß der Provia fast das doppelte kostet.

9. September 1994

Eine tolle Situation habe ich leider wieder einmal verpaßt: Letzte Woche starb ein starker Elefant in den Musiarasürnpfen, und 2-3 Tage saßen hunderte von Geiern auf ihm und in ihm herum. Das muß ein interessantes Bild aus der Realität des Lebens gewesen sein. Es waren auch deshalb so viele Geier um den toten Elefanten versammelt, weil die toten Gnus im Mara River fehlen. Es gibt keinen spektakulären Wanderzug in diesem Jahr. Anscheinend sind die Weiden der Serengeti so grün, daß die Herden sich den weiten Weg sparen. Eine fotografische Chance weniger..

11. September 1994.

Der Fotograf denkt, und die Natur lenkt. Der riesige Wanderzug der Weißbartgnus fällt also aus dieses Jahr. Am Mara-River lagen heute nur fünf traurige Krokodile, die auf ihr Schlemmermahl warteten und es nicht verstanden, wieso sie dieses Jahr hungern sollen..

Auch meine Leopardenpläne.scheinen auf dieser Tour den Bach runterzugehen. In den ersten drei Tagen habe ich noch nicht den Hauch einer Chance gehabt, auch nur ein einziges vernünftiges Foto zu machen. Lediglich eine Belegaufnahme von Taratibu gelang mir am ersten Abend, die sie jetzt im Alter von 9 1/2 Monaten zeigt. Hoffentlich wird die Situation besser. Das Gras ist immer noch so hoch, so daß die Leoparden fast unauffindbar sind. Was ich jetzt dringend brauche ist ein schöner, großer Kill, durch die Leopardenmutter irgendwo in einem Baum aufgehängt. Dann hätte ich die drei wenigstens für 1-2 Tage unter Kontrolle. Aber so wie es jetzt ist, sieht es rabenschwarz aus für einen schönes Foto von der ganzen Familie.

13. September 1994.

Mein Gott Walter! wie schnell sich doch das Blatt wenden kann. Nach fast fünf Tagen intensiver Leopardensuche und Frust von morgens früh bis abends spät, sitzt die Leopardin doch tatsächlich gegen 18.15 Uhr heute abend auf einem Termitenhügel vor uns. Die Sonne ist leider schon verschwunden, und die Kamera zeigt bei Fujichrome-400 und bei Blende 2,8 nur noch 1/15 sek. an. Und jetzt kommen auch noch die beiden Kleinen und klettern zur Mutter auf den Termitenhügel. Familienbild! ! !

In meiner Verzweiflung schmeiße ich erst noch schnell einen Provia-1600 in die Kamera, um wenigstens noch einige Fotos dieser einmaligen Situation mit Tageslicht zu bekommen, bei Blende 2,8 und 1/60 sek. Was das wohl wird? Anschließend kann ich noch etliche Blitzaufnahmen machen mit Kodachrome-200.

Das ist meine Traumsituation, auf die ich über 8 Monate gewartet habe! Das endlich einmal die Mutter mit den beiden Kindern etwas länger in einer entspannten und fotogenen Situation zusammen sitzt als schönes Familienbild. Warum muß das nur ausgerechnet in der Dunkelheit passieren..

Es ist wirklich ein Bild wie gemalt! Da sie auf einem Termitenhügel liegen, habe ich sie praktisch genau in Augenhöhe. Sie liegen und sitzen malerisch und auch richtig in meine Richtung schauend - es ist genau das Bild, das ich immer machen wollte, und welches man bei Geparden häufig und bei Leorparden fast nie sieht. Hoffentlich halten die Dias, was die Situation verspricht (Leoparden, Seite 135).

14. September 1994

Warum können sich Leoparde nicht benehmen wie Geparde? Wenn man eine Gepardenfamilie um 19.00 Uhr in der Dunkelheit verläßt, dann kann man sicher sein, sie am anderen Morgen um 6.00 Uhr genau an der gleichen Stelle wiederzufinden. Bei Leoparden weiß man nur, daß dies der einzige Platz ist, wo man sie nicht suchen muß. Gestern beim Abendessen im Mara River Camp hatte ich den Kollegen von der abendlichen Begegnung erzählt, und so fuhren wir heute morgen mit 4 Wagen los, um die Leopardenfamilie wiederzufinden. Jean-Claude Ferrero aus Australien, Anup Shaw aus Nairobi und Tom Brackefield aus den USA halfen mir heute morgen auf der Suche. Es war also eine recht internationale Truppe von Naturfotografen, die sich da noch in der Dunkelheit aufgemacht hatte am frühen Morgen.

Weit konnten die drei Leoparden nicht gezogen sein in der Nacht, weil sie erstens seit Freitag - also vor 5 Tagen - wo ich sie zuletzt sah, sich nur etwa 2 km bewegt hatten, und weil sie gestern einen recht satten und vollgefressenen Eindruck machten.

Wir suchten also ab 6.00 Uhr am Morgen mit 4 Naturfotografen - die alle recht erfahren waren - und noch 3 Wagen vom Governors Camp drei Stunden lang das Gebiet ab, ohne auch nur eine Spur der Leoparden zu entdecken. Trotzdem die Mutter eigentlich von 6.00 - 8.00 Uhr mit den beiden wandern, oder diese alleine spielen mußten, haben wir nichts von ihnen gesehen. Leopardenfotografie ist oft ein recht zeitaufwendiges und frustrierendes Geschäft.

Heute nachmittag gegen 15.30 Uhr fanden wir glücklicherweise Mang'aa. Wir blieben bei ihm bis zur Dunkelheit, und ich hatte Gelegenheit, mein neues Einstellicht auszuprobieren.

Bekanntlich stellt ja bei der neuen Generation von Elektronenblitzen der Autofokus der Kamera auch bei Dunkelheit scharf, und zwar auf einen rötlichen Lichtstrahl des Blitzgerätes. Der arbeitet aber draußen meistens nur wirklich gut bis etwa 5 m. Daher hatte ich mir in der Vergangenheit eine starke Taschenlampe mit durchsichtiger, roter Folie beklebt, so daß ich bei Dunkelheit auf deren rotem Lichtstrahl immerhin bis 10 -15 rn scharfstellen konnte. Rote Folie deshalb, weil Rotlicht die Tiere nicht erschreckt oder irritiert, wie es weißes Licht leicht macht.

Jetzt hatte ich mir von Kettner einen Scheinwerfer für Jäger gekauft, der nur DM 39.50 kostete, und den man am Zigarettenanzünder des Autos anschließen kann. Davor hatte ich wieder die transparente Rotfolie geklebt. Mang'aa reagierte in etwa 10 rn Entfernung überhaupt nicht auf das Rotlicht, und ich konnte wunderbar mit AF in völliger Dunkelheit auf diesen roten Lichtflecken scharf einstellen. Bis zu 20 -30 rn Entfernung war es überhaupt kein Problem mehr, mit AF im dunkeln zu arbeiten (Tierfotografie, Seite 70).

Diese Tour habe ich 5 Tage früher beendet als geplant. Die Leoparden haben mich diesmal völlig frustriert. Paradies sah ich nur einmal, und die Kleinen nur alle drei Tagen, wo sie sich nicht sehr fotogen in einem Graben aufhielten. Da Mama nicht da war, waren sie sehr vorsichtig, und man sah sie nur morgens zwei Stunden und abends eine. An sich wollte ich ja dazwischen von morgens 9.00 bis 16.00 Uhr mit den Weißbartgnus arbeiten, aber das fiel ja dieses Jahr leider aus. Und um tagsüber in der verbrannten Mara bei steil stehender Sonne mit anderen Tieen zu arbeiten, hatte ich diesmal einfach keine Lust.

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